Herr Hager
Lehrer für Geschichte, Philosophie und Deutsch als Zweitsprache
 
 

Jul & Charles Pépin: Planet der Weisen

Die Enzyklopädie der Philosophie, aus dem Französischen von Stephanie Singh, München 2013.


Auf die Comics von Jul bin ich das erste Mal in einer Ausgabe des Philosophie Magazin aufmerksam geworden. Es handelt sich dabei um die deutsche Ausgabe der franzosischen Zeitschrift Philosophie Magazin, für die auch Charles Pépin schreibt.

Über die kleine Diogenes-Episode habe ich seinerzeit sehr gelacht, zumal ich sie sogleich auf den Berliner Wohnungsmarkt übertragen konnte, auf dem man sicherlich bald für ein Holzfass - umgangssprachlich auch Tonne genannt - mit der Wohnfläche eines Quadratmeters eine Monatsmiete von 950,-€ zahlen muss. Aber wenns nun mal eine Wohnung innerhalb des S-Bahn-Rings sein soll... Tonnenwohnungen für das Tempelhofer Feld... Warum nicht?

Später habe ich, ebenfalls zu meiner großen Erheiterung, die Comicepisoden der Serie Silex an the City auf arte verfolgt, die auch von Jul gezeichnet wurden. Die Evolutionsverweigerer aus dem kleinen unbenannten Steinzeittal haben eine erfrischende Sicht auf das Leben.

Das nun vorliegende Buch mit dem Titel "Planet der Weisen" (fr. La planèt des sages) enthält 53 von Jul gezeichnete Weisen-Comics (nicht alle karrikierten Persönlichkeiten fallen - wie es der Untertitel vermuten lässt - unter die Kategorie Philosophen) zu den Charles Pépen kurze zweiteilige Erläuterungstexte beigetragen hat. Die Texte geben zunächst eine chronologische Einordnung des Weisen, nennen Hauptwerke und ordnen ihn in die Geistesgeschichte ein. Danach nimmt der Autor auf den im Comic dargestellten Gedanken, der nicht immer ganz einfach zu entschlüsseln ist, Bezug.

Die Stärke dieser Enzyklopädie der Philosophie, die keine ist, sind meiner Ansicht nach die Comics. Die kleinen Episoden sind amüsant, aber nicht lächerlich. Sie regen auch diejenigen zum Denken an, die sich schon etwas mit Philosophie beschäftigt haben, sind aber auch ein guter Einstieg für Anfänger. Die nebenstehenden Texte öffnen die Auseinandersetzung mit dem dargestellten Weisen und geben Lektürehinweise, die man durchaus mi dem Motto "Ad fontes" überschreiben könnte. Hinweise auf Werkausgaben oder Sekundärliteratur fehlen leider ganz, obwohl auf S. 110 noch Platz gewesen wäre. Ich empfehle denjenigen, die weiterlesen möchte v. a. für die älteren Autoren die Internetseite zeno.org, auf der sich viele philosophische Texte der Antike, des Mittelalters und der Frühen Neuzeiz in (älterer) deutscher Übersetzung wiederfinden.

Thematisch stechen in "Planet der Weisen" zwei Dinge hervor. Zum einen tauchen hier, neben Weisen aus dem europäischen Kulturkreis - den üblichen Verdächtigen - auch Denker aus anderen Kulturkreisen (Arabien, Indien, China) auf. Das ist insofern positiv, da diese Philosophien z. B. im Schulunterricht oft nicht thematisiert werden oder wie im Falle Buddhas in die Religionslehre abgeschoben werden. Zum anderen - und das ist leider ein Mangel - finden sich unter den 53 Weisen nur zwei Frauen: Teresa von Ávila und Hannah Arendt. Für eine Enzyklopädie ist das zu wenig, aber dies ist keine Enzyklopädie. Glücklicherweise ist es auch keine Philosophiegeschichte (kein chronologischer Aufbau), so wie es der Umschlagstext behauptet, sondern eine Gedankensammlung und Denkanregung.

"Planet der Weisen" richtet sich zunächst einmal an diejenigen, die den ersten Kontakt mit der Philosophie suchen. Die Kombination aus Comic und kurzer Einführung motiviert zum Weiterlesen. Dann richtet sich "Planet der Weisen" auch an diejenigen, die schon viel Philosopisches gelesen haben und möchte sie zum Wieder-Nachdenken über bereits gedachtes anregen. Hierzu bieten v. a. die Comics gute Anregungen. Schließlich richtet sich "Planet der Weisen" an diejenigen, die anderen Philosophie näher bringen wollen und dafür einen motivierenden Einstieg suchen. Für meine Zwecke wäre KØGITÖ (Descartes) ein idealer Einstieg in das dritte Kurssemester Philosophie.

Abschließend sein noch etwas über die Darreichungsform und den Preis der Publikation gesagt. Die gebundene und durchgehend farbig illustrierte Buchausgabe schlägt mit 19,90 € zu Buche. Es wird auch eine digitale Version für Kindle angeboten, die bei 15,99 € liegt. Als digitalaffiner Mensch freue ich mich darüber, dass es mehr und mehr socher Angebote gibt, da ich so nicht immer alles in gedruckter Form mitschleppen muss. Die digitale Version ermöglicht aber keine Ausdrucke z. B. für die Nutzung im Unterricht. Hier wünsche ich mir, dass man mit dem Kauf der gedruckten Ausgabe, für den ich mich entschieden haben, auch gleich die Lizenz für die digitale Variante erwirbt.

Herr Hager (2014)